Was kommt?

Ich bin jemand, der zig Ideen hat, einige davon trage ich seit Jahren im Kopf mit mir herum. Selten gibt es eine Idee, die ich sofort in die Tat umsetze und einen Roman drausmache.Beim Alpakaroman und beim aktuellen Weihnachtsroman war es anders. Da habe ich aktiv nach einer Handlung gesucht und habe dann gleich begonnen.Während ich noch am Alpakaroman schrieb, sagte ich einmal, ich würde danach an einem Elefantenroman schreiben. Das wird nun nicht passieren, sondern ein anderes Projekt wird Vorrang haben, das mir schon seit einigen Jahren im Kopf herumschwirrt und seit Anfang des Jahres immer mehr Gestalt annimmt. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, genau diesen Roman als nächstes zu schreiben, wenn ich mit dem Wehnachtsroman fertig bin.Daneben wird natürlich noch an WIE ALLES BEGANN weitergeschrieben, den ich endlich beenden will. Ich habe nun alles abgetippt und bin wieder auf dem neuesten Stand. Weiß, wie die Städte heißen, die enträtselt werden müssen. Alles ist durchgeplant. Ich kann schreiben, schreiben, schreiben – wenn mir nichts dazwischen kommt.Was dann kommt? Der nächste Isis Just-Thriller. Ich weiß auch schon, worum es gehen wird, wieder das alte Ägypten

#Adventskalender-Minutengeschichte 24. Dezember: Weihnachten fällt aus

Weihnachten? Nein, auf keinen Fall! Dieses Jahr würde nicht gefeiert werden.

Die Kinder waren endlich aus dem Haus, seine Frau und er hatten etwas Ruhe verdient. Deshalb würde es dieses Jahr garantiert kein Weihnachten geben. Es fiel bei ihnen einfach aus. Wenn er das den Kollegen erzählte, hatte er ständig ein Kopfschütteln geerntet. Die meisten hatten auch noch Kleinkinder oder die Kinder waren mit Partner und den eigenen Kindern da.

Sie würden endlich Ruhe haben. Die Adventszeit war richtig entspannt gewesen. Keine Kekse, die gebacken werden mussten, keine großen Einkäufe und stundenlanges Anstehen an der Supermarktkasse, weil vor ihm der gesamte Jahreseinkauf erledigt wurde. Seine Frau musste sich keine Gedanken darüber machen, was sie dieses Jahr kochen würde, weil eines der Kinder gerade zum Vegetarier oder Veganer mutiert war und man dann natürlich keine Gans servieren konnte und nur Beilagen ging auch nicht.

Dieses Jahr würde es an Heiligabend Fondue geben. Da musste man praktisch nichts vorbereiten und konnte sich nebenbei in aller Ruhe unterhalten, während man darauf wartete, dass sein Fleisch gar wurde.

Die Weihnachtsbäume konnten da bleiben, wo sie angeboten wurden. Mit dem Geld, was sie dabei sparten, konnten sie irgendetwas Schönes unternehmen. Solange es nicht ins Konzert ging. Ruth liebäugelte mit dem zu tiefen Tenor. Den hörte er sich bestimmt an, nicht einmal seiner Frau zuliebe.

Und dann die Geschenke. Was hatte er jedes Jahr Blut und Wasser geschwitzt, weil ihm einfach nichts Passendes einfiel, was er seiner Frau oder den Kindern schenken konnte. Auch das Problem hatte sich dieses Jahr in Wohlgefallen aufgelöst. Sie hatten vereinbart, sich nichts zu schenken. Keine enttäuschten Gesichter, kein Umtauschen am ersten Tag nach den Weihnachtsfeiertagen.

Dieses Jahr würde Weihnachten endlich so ablaufen, wie er es sich wünschte.

Da konnten Nachbarn, Kollegen und die Geschäfte noch so sehr alles weihnachtlich dekoriert haben, es interessierte ihn genauso wenig wie Halloween-Dekoration. Gegen so etwas war er immun und wurde nicht in Versuchung geführt.

Er kam von der Arbeit nach Hause und freute sich schon auf die warme Stube.

Jawohl, Weihnachten fällt aus!

Wieso stand da ein Baum im Wohnzimmer? Irritiert sah er auf die Weihnachtsdecke, die den Baumständer verdeckte. Wieso lagen dort Geschenke? Hatte er was verpasst?

(Helen Hoffmann)

ICH WÜNSCHE ALlEN FROHE WEIHNACHTEN!

#Adventskalender-Minutengeschichte 23. Dezember: Ben, sei lieb zum Weihnachtsmann

Nö, er würde jetzt nicht kommen. Papa konnte warten. Immer wollte der was von ihm. Wie sollte man cool werden, wenn man immer gestört wurde?

“Ben!”, hörte er Papa wieder rufen. “Du kommst jetzt sofort runter!”

“Nein!”, rief er runter.

“Du kommst jetzt!”

Jetzt klang Papas Stimme ungehaltener. Seine Schwester wäre schon längst runtergerannt, aber die war auch nicht cool, sondern nervig.

“Wenn du nicht sofort kommst, bringt dir der Weihnachtsmann morgen keine Geschenke.”

Das war gemein! Er wollte seine Carrerabahn in der Super-Mario-Ausgabe haben.

Murrend trampelte er die Treppe hinunter. Das sollte er nicht, aber es war cool.

“So, Ben, setz dich. Morgen ist Heiligabend, wie du weißt, da bringt der Weihnachtsmann die Geschenke.”

“Das ist nicht der Weihnachtsmann. Der Bart ist falsch!”

Letztes Jahr hatte er kräftig daran gezogen und der Weihnachtsmann war bartlos gewesen. Das war gar kein alter Mann gewesen. Man hatte versucht ihn zu verarschen. Deshalb hatte er dem Weihnachtsmann Juckpulver in den Kragen geschüttet. Was hatte der für Verrenkungen gemacht. Das war lustig gewesen.

Das Jahr davor hatte er dem Weihnachtsmann gegen das Knie getreten. Er sagte keine Gedichte auf. Die waren blöd.

“Genau darüber will ich mit dir sprechen. Du hast deiner Schwester letztes Jahr große Angst eingejagt. Erinnerst du dich noch, wie sehr sie geweint hat, weil sie dachte, der Weihnachtsmann wird nun nie mehr zu uns kommen?”

“Der war blöd!”

“Das Jahr davor auch, als du den Weihnachtsmann getreten hast? Was hat er dir getan?”

“Er ist uncool.”

“Es hat nichts mit cool oder uncool zu tun, wie man den Weihnachtsmann behandelt. Deine Schwester freut sich schon so auf morgen, aber sie hat Angst, dass wegen dir der Weihnachtsmann nicht mehr kommen wird.”

Bens Vater verschwieg ihm, dass es dieses Jahr äußerst schwierig gewesen war, einen Leih-Weihnachtsmann zu bekommen, weil sich in den Agenturen bereits herumgesprochen hatte, was für ein Früchtchen von Sohn in diesem Haushalt lebte. Sollte dieses Jahr wieder etwas passieren, waren sie überall gesperrrt. Sie konnten doch nicht den Nachbarn fragen, ob er den Dienst übernehmen würde. Wer weiß, was Ben anstellen würde, wenn er den Nachbarn erkannte. Nina war noch zu klein, um zu verstehen, warum der Weihnachtsmann nicht mehr käme.

“Ich sag’s dir nur einmal und du wirst dich daran halten. Ben, sei lieb zum Weihnachtsmann”, ermahnte ihn Papa.

“Ja, ja”, brummelte Ben vor sich hin und lief wieder auf sein Zimmer.

Lieb sein war gar nicht cool.

(Helen Hoffmann)

#Adventskalender-Minutengeschichte 22. Dezember: Geflügel-Durcheinander

Noch zwei Tage bis Weihnachten. Wie schnell die Zeit vergangen war. Gerade hatte man sein Weihnachtsessen im Supermarkt bestellt und schon stand es zur Abholung bereit.

Sieben Wochen, in denen sie ein Kochbuch nach dem anderen gewälzt hatte, um schließlich im Internet fündig zu werden. Als sie das Rezept gelesen hatte, wusste sie, dass es dieses und kein anderes werden würde. Es war raffiniert, nicht besonders zeitaufwendig und vor allem nicht sehr schwer. Genau das, was sie für ein Festessen mit Gästen brauchte.

An der Fleischtheke war nichts los. Sie holte ihren Abholschein heraus und legte ihn der Verkäuferin hin.

“Ich wollte meine Bestellung abholen.”

Die Frau verschwand durch die Hintertür und kam erst einmal nicht wieder. Was machte die dort so lange? Waren die Bestellungen nicht geliefert worden?

Nach geschlagenen fünf Minuten kam die Verkäuferin wieder und trug ein schweres Paket. Das war aber merkwürdig eingepackt und so groß.

“So, Frau Grimm, Ihre bestellte Gans”, sagte die Frau und legte den in Frischhaltefolie eingewickelten Vogel auf die Theke.

“Gans? Nein, das muss ein Irrtum sein. Ich habe Wachtel bestellt. Fünf Wachteln.”

“Das tut mir leid. Unter ihrem Namen war nur diese Gans zu finden. Sind Sie sicher, dass Sie Wachteln bestellt haben?”

Das war doch die Höhe! Unterstellte man ihr, nicht zurechnungsfähig zu sein. Aber sie konnte beweisen, dass sie Wachteln bestellt hatte. Triumphierend zückte sie ihr Portemonnaie und suchte nach dem Bestellbeleg, den sie als Erinnerung neben dem Abholschein erhalten hatte. Nur wo war er? Sie durchwühlte ihre Kassenzettel, von denen sie einige in der Geldbörse stecken hatte. Vor vier Wochen hatte sie allerdings mal wieder alles ausgeräumt, weil sie sonst das Portemonnaie nicht mehr hätte schließen können.

Verdammt! Jetzt konnte sie nicht beweisen, dass sie im Recht war. Aber so klein bei gab sie nicht. Sie wollte ihre Wachteln und keine Gans.

“Ich habe fünf Wachteln bestellt und wenn ich den Bestellbeleg finden würde, könnte ich es Ihnen zeigen.”

“Das mag so gewesen sein, aber jetzt liegt hier eine Gans für Sie.”

“Die nehm ich nicht! Entweder bekomme ich meine Wachteln oder ich verlange den Geschäftsführer.”

Auf dem Gesicht der Fleischverkäuferin huschte ein dunkler Schatten. Immer diese Kunden, die nur Ärger machten und keine Tatsachen akzeptieren wollten.

“So eine Gans lässt sich genauso zubereiten wie eine Wachtel.”

“Die Backdauer ist erheblich höher, außerdem ist das Fleisch viel fetter, dafür die Brust total vertrocknet und allein die Reste, die übrigbleiben. Wir wollen uns nicht tagelang von Gänsefleisch ernähren müssen”

“Daraus lassen sich ganz neue Gerichte zaubern. Ravioli oder Rilette.”

“Fettes Zeug vertrage ich nicht, deshalb die Wachteln. Jetzt sehen Sie noch mal nach, ob Sie nicht etwas vertauscht haben.”

“Da ist nichts”, wehrte die Fleischverkäuferin ab, was ihr merkwürdig vorkam. Wollte die ihr unbedingt diese fette Gans andrehen? Was für eine Provision bekam sie dafür?

“Ich brauche fünf Wachteln, um acht Gäste zu verköstigen.”

“Da passt die Gans perfekt”, hakte die Verkäuferin noch einmal ein. “Da werden kaum Reste übrigbleiben.”

“Dafür sind alle verärgert, weil sie nur Brust kriegen und die anderen alle Keule. Bei einer Wachtel bekommt jeder die Hälfte. So, jetzt sehen Sie noch mal wegen meiner Bestellung nach oder ich rufe beim Geschäftsführer an, damit er erfährt, wie man als Kunde an dieser Theke bedient wird.”

“Ich kann noch einmal nachsehen, vielleicht ist etwas falsch etikettiert worden.”

Die Fleischverkäuferin verschwand wieder durch die Hintertür.

Vorsorglich holte sie schon eimal ihr Handy heraus, um gleich einen Anruf tätigen zu können, wenn ihre Wachteln unauffindbar blieben. Wozu bestellte sie etwas, wenn es nicht da war, wenn sie es abholen wollte?

Die Fleischverkäuferin kam wieder. Dieses Mal hielt sie eine große Plastiktüte bei sich.

“Na, da haben Sie noch mal Glück gehabt. Da sind tatsächlich zwei Etiketten vertauscht worden.”

Sie legte den Plastikbeutel neben die Gans auf den Tresen.

“Geht doch”, meinte sie und wollte ihre Bestellung an sich nehmen, als sie zurückgehalten wurde.

“Die Gans wollen Sie nicht doch mitnehmen?”

“Bestimmt nicht! Stecken Sie sich die Gans an den Hut.”

Empört zog sie ab, aber wenigstens hatte sie bekommen, was sie bestellt hatte. Ihr einfach eine Gans andrehen zu wollen. 

“Na, bist du die Gans losgeworden?”, erkundigte sich der Fleischer aus dem Kühlraum.

“Nee, obwohl ich sämtliche Tricks versucht habe. Wenn ich der nicht ihre Wachteln gegeben hätte, wäre sonstwas los gewesen, inklusive Anraunzer vom Chef.”

“Na, ja, man kann nicht immer Glück haben. Probier’s doch einfach beim nächsten. Irgendwann wird sich jemand finden, der die Gans mitnimmt. Aber nur bei denen, die Wachteln bestellt haben.”

“Und die übrig gebliebenen Zwerge teilen wir dann untereinander auf.”

“So wie wir es abgemacht haben”, sagte der Schlachter und verschwand mit der Gans im Kühlraum.

(Helen Hoffmann)

#Adventskalender-Minutengeschichte 21. Dezember: Gurke ist nicht gleich Gurke

Was machte denn die Gurke im Weihnachtsbaumschmuck? Hatte Tina das Wohnzimmer mit dem Gemüsefach des Kphlschranks verwechselt. Dann legte er die Gurke kurz in die Küche, bevor er mit dem Schmücken des Baumes anfing.

Eine halbe Stunde später ging er noch einmal auf den Dachboden, um ein paar Girlanden zu holen, die er vorhin vergessen hatte. Als er wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, war die Gurke wieder da. Dieses Mal lag sie zweischen den Baumkugeln.

Fassungslos nahm er das Gemüse an sich und ging zurück in die Küche? Was machte die Gurke wieder beim Christbaumschmuck? Wollte Tina ihm damit irgendetwas sagen? Sollte er einen Gurkensalat zubereiten oder ein Gurkenschaumsüppchen? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass seine Frau etwas dergleichen zu ihm gesagt hatte. Lag deshalb die Gurke im Wohnzimmer, damit er sich wieder erinnerte? Helfen tat ihm die Gedächtnisstütze nicht. Was auch immer Tina meinte, er erinnertre sich nicht.

“Was soll ich mit der Gurke?”, wollte er von seiner Frau wissen.

“Gurke?”, sagte sie und sah ihn ratlos an. 

Eine große Gemüsegurke, ja.”

“Die liegt doch Kühlschrank. Warum sollte ich sie dir bringen?

“Um dir einen Spaß mit mir zu erlauben?

“Mit einer Gurke?”

“Weiß ich auch nicht.”

“Was musst du denn noch schmücken?”

“Nur noch die Kugeln und die restlichen Girlanden.”

“Funktionieren die LED-Kerzen?”

“Ich habe die Batterien alle wieder richtig eingesetzt – keine war leer.”

Er war stolz darauf, dass seine Idee funktioniert hatte. In den letzten Jahren hatte er immer wieder feststellen müssen, dass die Batterien leer waren, wenn er die LED-Kerzen an den Tanenzweigen festklippte. Deshalb hatte er letztes Jahr die Batterien mit dem entgegengesetzten Pol in den LED-Kerzen belassen, bevor er sie für fast zwölf Monate einlagerte. Es hatte tatsächlich funktioniert.

Er ging zurück ins Wohnzimmer und sah, wie seine Tochter die Gurke zu den Weihnachtsbaumkugeln legte.

“Melli, was machst du da?”, wollte er wissen. Was seine Tochter machte, ergab keinen Sinn.

“Du sollst die Gurke auch im Baum anhängen und dann müssen wir sie suchen.”

Jetzt hatte seine Tochter schon von dieser seltsamen Tradition aus Amerika gehört. Waren das nicht Gewürzgurken aus dem Spreewald?

“Ja, man versteckt eine Gurke im Baum, aber nicht diese hier, weil die viel zu groß sind, sondern ganz kleine. Dazu nimmt man auch keine echte, sondern eine aus Glas.”

“Die geht doch kaputt, wenn sie runterfällt.”

Bestimmt waren die schon bei einigen völlig absichtslos heruntergefallen und dann nie mehr neu gekauft worden. So was hängte man sich nicht in den Baum, außer man wollte daneben auch Tomaten, Auberginen, Kartoffeln und Bananen aufhängen. Äpfel wurden sowieso an den Baum gehängt, da konnte die Glasgurke ihnen Gesellschaft leisten und all das andere Gemüse gleich mit dazu. Wer war nur auf die Idee gekommen, dass so was in den Baum gehängt werde? Von wegen uralte deutsche Tradition. Bei ihnen tauchte die Gurke das erste Mal vor etwas mehr als zehn Jahren auf, dann war sie wieder verschwunden und seit zwei Jahren wieder zu haben. Für ihn wirkte sie zwar wie ein Ladenhüter, aber anscheinend wurde sie genug gekauft, sonst würde sie nicht jedes Jahr wieder angeboten werden. Aber er würde keine kaufen, auch wenn seine Tochter eine haben wollte. Lieber hängte er eine Gemüsegurke in den Baum. Das sah auch seltsam aus, wirkte aber irgendwie originell.

(Helen Hoffmann)

#Adventskalender-Minutengeschichte 20 Dezember: Alte Deko

Nanu, was war denn das? Ein Osterei? Was hatte das hier verloren? Jetzt war doch die Zeit der bunten Kugeln, die an Bäume gehängt wurden, und nicht die von Ostereiern.

Kaninchen Hoppel-Knickohr beschnupperte das Osterei und stellte fest, dass es kein Essbares war. Die rochen nach Metall, dieses hier roch noch schwach nach Plastik, hatte längst den Geruch der Umgebung angenommen.

Wo kam das her? An einem Baum hatte das bestimmt nicht gehangen. Die Menschen ließen doch nicht eines hängen, weil es ihnen gefiel. Sie mochten es, wenn ganz viele an den Bäumen hingen, auch wenn sie fand, dass es albern aussah. Vielleicht wollten die Menschen so die kahlen Sträucher ein wenig festlicher aussehen lassen. Konnte doch sein. Sie wusste nicht, was in deren großen Köpfen vorging.

War das etwa das Osterei, dass ihr im Frühjahr auf den Kopf gefallen war und für eine beträchtliche Beule gesorgt hatte? Sie hatte sich gar nicht mehr nach draußen getraut, weil sie fürchtete, mit diesem falschen zweiten Kopf auf ihrer Stirn wie ein Ungeheuer auszusehen. Die anderen Kaninchen hatten sie ausgelacht und eitel genannt. Wenn man ein Knickohr und so seidiges glänzendes Fell hatte wie sie, dann achtete man auf sich. Das würde den anderen nie in den Sinn kommen. Die liefen sogar mit Heu im Fell herum.

Sollte sie das Osterei in ihren Bau mitnehmen? Vom letzten Jahr hatte sie dort eine Weihnachtsmütze liegen, die sie in den kalten Nächten wärmte. Konnte ein Osterei das auch? Damit könnte sie ihren Bau markieren, damit die wilden Genossen wussten, dass dieser Bereich belegt war. Wie oft war sie von einem ihrer Streifzüge wiedergekommen und hatte feststellen müssen, dass ihr Bau belegt war und jemand auf ihrer Weihnachtsmütze lag. Denen hatte sie gezeigt, wer die Herrin dieser Höhle war. Leider wagten es immer noch ein paar Ahnungslose, sie zu belästigen. Wenn sie nun das Osterei in den Eingang legte, würde jeder Fremde einen großen Bogen darum machen.

Dann fort damit. Kaninchen Hoppel-Knickohr biss in das Halteband und zog das Osterei hinter sich her. Vielleicht entdeckte sie nachher bei ihrem Streifzug noch mehr alte Dekoration.

(Helen Hoffmann)

Schreibwettbewerb zum Zweiten

Mein ALPAKAROMAN ist beendet und da steht auch schon das nächste Projekt fest. Es wird ein weihnachtlicher Roman sein, weil ich dazu einen Schreibwettbewerb entdeckt habe. Beim letzten Mal wurde der eingereichte Roman nicht genommen, vielleicht wird es dieses Mal der Fall sein. Ich habe lange hin und her überlegt, was ich schreiben könnte. Als erstes fiel mir nur der Krimi ein, der als Beitrag in einer Anthologie zu finden ist. Aber das wollte ich eigentlich nicht jetzt schon schreiben, sondern noch ein paar Jahre liegen lassen.

Dann kam mir eine Idee, die ich auch immer noch gut finde, aber wenn ich es recht bedenke, ist sie dann doch nicht so sehr für einen Schreibwettbewerb geeignet.

Da kam mir aber schon die nächste Idee. Ich hatte vor Kurzem gerade über so etwas gelesen, und nun mache ich daraus eine Geschichte.

Ehrlich gesagt ist das nicht das Neueste vom Neuesten, denn zu diesem Thema gibt es bereits verschiedene Verfilmungen. Damit dürfte doch sichergestellt sein, dass es Aussicht auf Erfolg hat, oder nicht?

Ich habe mich jedenfalls an die Arbeit gemacht. Bis Anfang Januar muss ich zwischen 20.000 und 30.000 Wörtern geschrieben haben. Das werde ich schon schaffen, auch wenn ich aktuell gerade ein wenig herumdümpele, aber das schaffe ich. Dieses Jahr habe ich es schließlich auch geschafft und da hatte ich viel weniger Zeit zur Verfügung als jetzt.

Ich weiß jetzt schon, dass der Anfang etwas anders werden wird. Da wird es eine Art Einleitung geben und dann wird erst die eigentliche Handlung mit Vorgeschichte kommen.

#Adventskalender-Minutengeschichte 19. Dezember: Ausuferndes Weihnachtsessen – Festgehalten für die Ewigkeit

Das durfte nicht wahr sein. Wie hatte so etwas nur passieren können? Sie hatten vor der Bescherung wie jedes Jahr Gans mit Rotkohl und Klößen auf dem Tisch gehabt. Dazu wurde der ein oder andere Wein getrunken. Das war wohl irgendwie ausgeufert.

Nele hielt die Hand vors Gesicht, um nicht sehen zu müssen, wie sie auf dem Tisch tanzte und dabei einem Striptease hinlegte. Zwischen ihren Fingern lugte sie vorsichtig hindurch, traute sich kaum, das Video weiter anzusehen. Gott sei Dank, es wurde weggeschwenkt, bevor sie nur in BH und Schlüpfer dastand.

Sie musste das Video umgehend melden, damit es gelöscht wurde. Wenn Robert das zu sehen bekäme.

Robert? War er das? Was machte er da? Nein, ihr Freund erleichterte sich in die heißgeliebte Orchideensammlung ihres Vaters. Jetzt gab es eine Erklärung dafür, warum die Blumen Wochen später extrem viele Blüten ausgebildet hatten und danach eingegangen waren. Ihr Vater hatte danach auf Kakteen umgesattelt. Wenn der sah, was Robert gemacht hatte, würde er Hausverbot auf Lebenszeit kriegen.

Ihre Mutter stritt sich mit ihrer Schwester Marga. Nichts Neues, aber jetzt rissen sie sich gegenseitig an den Haaren. Oh! Ihre Mutter schubste Marga, die nicht mehr so trittsicher war und deshalb in der Bowleschüssel landete. Der ganze schöne silberne Rock war pitschnass, als hätte sie sich eingenässt.

Ihr Vater sang ein englisches Weihnachtslied. Was war schlimmer? Sein fürchterlicher Akzent oder seine begnadete Sangeskunst, die er mit dem Stimmbruch verloren hatte?

Wie war sie nur auf dieses Video gestoßen? Sie hatte doch nur nach einer festlichen Tischdeko gesucht und dabei war sie auf diesen schrecklichen Film gestoßen. Wenn sie gewusst hätte, dass er ihre Familie zeigte, dann hätte sie sich das doch niemals angesehen.

Hörte das denn nie auf? Wie lang konnte so ein Video sein?

Oje, Onkel Theo hatte die wilde Mischung aus Wein, Likör, Punsch und Bowle nicht vertragen und sich auf das neue Echtholzlaminat übergeben. Daher rührte der seltsame Fleck und der eigenartige Geruch, den sich keiner erklären konnte. Magensäure war tückisch. Mit dem teueren Kaschmirpullover seiner Frau wischte Theo die Bescherung weg. Dann warf er ihn in den Kamin, nachdem er daran gerochen hatte. Kein Wunder, dass Gaby ihren Pullover noch heute suchte. Der hatte sein Leben in den Flammen des Kamins beendet.

Jetzt knuschte Tante Gaby hemmungslos mit Onkel Theo. Nein, das war nicht ihr Mann, sondern Hans, der Mann von Tante Marga – Gabys Schwester. 

Was würde denn noch kommen? Nele wagte kaum, das Video weiter anzusehen, weil sie fürchtete, der Horror würde kein Ende nehmen.

Der Bildschirm wurde schwarz, das Video oder besser die Vorstellung der Peinlichkeiten an Heiligabend war vorbei.

Wer hatte das nur ins Netz gestellt? Ein Blick auf den Benutzernamen ließ Düsteres ahnen: Tommi_9105. Das war der Account ihres Bruders. Hatte er das aufgenommen? Tom war doch schon bei der Vorspeise völlig betrunken gewesen. Das würde erklären, warum er das Filmchen eines ausufernden Weihnachtsessens im Netz hochgeladen hatte.

Sie musste es löschen lassen – sofort!

Ihr Blick fiel auf die Klicks: Mehr als eine halbe Million hatten sich diesen Familienhorror angesehen und es super gefunden. Geteilt worden war es auch noch, von mehr als 100.000 Leuten. Wer weiß, wie viele Leute das Video heruntergeladen oder anderswo verbreitet hatten? Selbst wenn es auf dieser Plattform gelöscht werden würde, kursierte es wahrscheinlich noch in unzähligen anderen Portalen. Die Peinlichkeiten waren festgehalten für die Ewigkeit!

Dieses Jahr würde sie zuhause bleiben. Ach verdammt! Dieses Jahr musste sie die Weihnachtsfeier ausrichten. Dann gab es eben nur alkoholfreie Getränke und im Flur musste jeder sein Smartphone abgeben. So etwas wie letztes Jahr durfte sich keinesfalls wiederholen. Hoffentlich hatte niemand ihrer Kollegen von diesem Video Kenntnis. Sie würde sich dort nicht mehr blicken lassen können. Familien-Weihnachtsfeiern sollten verboten werden, denn wie sollte man sie anders ertragen als mit Alkohol?

(Helen Hoffmann)

#Adventskalender-Minutengeschichte 18. Dezember: Plastik kommt mir nicht ins Haus

Wie konnte es nur Leute geben, die sich einen Plastikbaum ins Haus stellten? Das Ding hatte nicht nur keine Ähnlichkeit mit einer normalen Tanne, sondern sah auch noch potthässlich aus. Halt wie Plastik.

Zwar waren die Modelle im Laufe der Jahre besser geworden, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass nur ein starkkurzsichtiger das Ding für eine Tanne halten würde.

Angeblich war ein Plastikbaum umweltfreundlicher und billiger. Letzteres leuchtete ihr noch ein, weil man nur einmal eine unverschämte Summe ausgab, während die echten Tannenbäume alle überteuert waren und man jedes Jahr ein neues Exemplar kaufen musste. Der Baum war dann entweder kleiner als im Jahr davor oder man zahlte zähneknirschend die gezahlte Summe.

Der Preis war auch der einzige Vorteil. Allerdings wurde im Zusammenhang mit Plastikbäumen immer wieder hervorgehoben, wie umweltfreundlich die Kunsttannenbäume waren. Wie konnte Plastik umweltfreundlich sein? Wenn man das Ding eines Tages entsorgen wollte, müsste man es in die Restmülltonne werfen, weil der Draht und die Kunstnadeln sich nicht trennen ließen. Das Thema Recyceling wurde deshalb auch nicht beleuchtet, stattdessen darauf hingewiesen, wie viele echte Tannenbäume man einsparte und ab wann sich der Kauf des Plastikbaums gelohnt hatte.

Die fehlende Mülltrennung war nicht das einzige Problem, denn man konnte nur falsches Licht benutzen. Das kostete Strom und wer wusste schon, wo der gerade herkam? Man konnte Ökostrom beziehen und dennoch von uralten Kohlekraftwerken erzeugten Strom in der Steckdose haben. Man sah dem nicht an, wie er produziert worden war, um Lichter zum Leuchten zu bringen. Sie wollte echte Kerzen, die ein warmes Licht spendeten und es am Ende so schön roch, wenn man sie ausmachte. LED-Leuchten hingegen waren zu grell, da konnten die noch so tun, als seien sie eine Kerze.

Das wichtigste Kriterium, dass gegen einen Plastikbaum sprach, war der Geruch nach Harz und Tannennadeln. Es ging nichts über diesen Duft, der zu Weihnachten gehörte wie Zimt und Kardamom. Kunststoff stank nach nichts, wenn man Glück hatte, oder penetrant nach Plastik.

Ihr kam kein Plastikbaum ins Haus. Stefan hatte immer wieder einen neuen Versuch gestartet, aber sie hatte alles erfolgreich abgewehrt. So weit kam das noch, dass so ein übler Staubfänger, wahrscheinlich noch mit Kunstschnee bedeckt und kleinen versteckten Lichtern in den Zweigen, ihr ins Haus kam.

“Liebling, ich bin wieder da”, hörte sie ihren Mann rufen. “Sieh, mal, was ich bekommen habe. Das war das letzte Exemplar und spottbillig.”

Sie trat in den Flur und erstarrte, als sie das Ding sah, worauf Stefan so stolz war – ein Plastiktannenbaum. Und auch noch mit Kunstschnee und versteckter Beleuchtung.

Ihre Beine fühlten sich so schwach an. Sie brauchte jetzt einen Stuhl.

(Helen Hoffmann)

#Adventskalender-Minutengeschichte 17. Dezember: Goldspray – für alles verwendbar

Wo war denn nur? Jetzt wollte er das ansprühen und dann war die Farbdose nicht da. Die musste doch hier sein. Der Platz war verwaist.

Gestern hatte er hier die neue Dose nach dem Kauf hingestellt. Wieso war die weg? Die konnte nicht weg sein. Wer brach denn in die Garage ein, um eine Dose Goldspray zu klauen? Das kostete doch nicht die Welt. Hier gab es ganz andere Dinge, die viel wertvoller waren, aber davon fehlte nichts.

Vielleicht hatte Martina die Farbdose gesehen, auch wenn sie bereits den halben Tag in der Küche stand und Plätzchen backte. Trotzdem wusste sie immer, wo seine Sachen sich befanden, die er suchte.

Aus der Küche kam ihm der Duft von frisch gebackenen Plätzchen entgegen. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Martinas Kekse waren das beste, was er je gegessen hatte. Einer der vielen Gründe, warum er sie liebte.

Was machte Martina heute? Goldene Taler? Das war mal eine Idee. Davon könnte er doch einen probieren.

“Nicht, die sind noch warm”, warnte ihn seine Frau und schlug ihm mit einem Handtuch auf die Hand.

“Nur einen.”

“Nein, du kannst nachher welche essen. Die Farbe muss sowieso erst einmal trocknen. Das dauert ewig, dabei stand auf der Dose, dass es in zehn Sekunden getrocknet wäre.”

Die Goldfarbe erinnerte ihn daran, was er eigentlich gewollt hatte.

“Hast du mein Goldspray gesehen, dass ich gestern im Baumarkt gekauft habe?”

“Goldspray? Ich wusste nicht einmal, dass du eines gekauft hast.”

Martina sah gerade nicht hin, weil sie die nächste Ladung Kekse aus dem Ofen holte, da konnte er ein Plätzchen naschen, oder auch zwei.

Schnell nahm er sich einen der vergoldeten Taler und biss hinein, doch im nächsten Augenblick spuckte er das Keksstück wieder aus. Das schmeckte abartig, nach Chemie.

“Pfui Spinne!”, sagte er und suchte nach einem Glas, um sich mit Wasser den Mund auszuspülen.

“Was ist denn los?”, wollte seine Frau wissen. “Hast du etwa genascht? Ich habe dir gesagt, du sollst warten.”

Martina war ungehalten, dass er nicht auf sie gehört hatte. 

“Was hast du in den Teig getan? Das ist ungenießbar!”

Er gurgelte mit Wasser und spuckte es ins Spülbecken. So langsam ließ der chemische Geschmack im Mund nach.

“Das kann nicht sein. Ich habe das genau das nach Rezept gemacht.”

Seine Frau nahm einen der frisch aus dem Ofen gekommenen Kekse vom Blech und biss ein Stück ab.

“Ich weiß nicht, was du hast. Der schmeckt einwandfrei.”

“Dann probier mal einen von denen”, sagte er und wies auf die Goldtaler. “Die schmecken…”

Mitten im Satz hielt er inne und sah von den vergoldeten Plätzchen zu den aus dem Ofen. Er ahnte Böses.

“Wo hast du das Goldspray her?”

“Das habe ich im Supermarkt gekauft. Meinst du, das hätte zu viel Eigengeschmack?”

“Zeig mir mal die Dose.”

Martina sah sich um und suchte in dem Chaos aus leeren Backblechen, Teigroller, Klarsichtfolie, Teigschüsseln, Plätzchenstempeln und -ausstechern nach der Goldspray-Dose.

“Hast du die aus der Garage genommen?”, wollte er wissen.

“Natürlich, auch wenn ich nicht weiß, wie die da hingekommen ist. Ich hatte die in die Vorratskammer gestellt.”

Oje, dann hatte sie seinen Goldlack genommen und damit die ganzen schönen Plätzchen ungenießbar gemacht. Hoffentlich waren das nicht zu viele.

“Hier ist sie doch”, sagte seine Frau und hielt ihm die Spraydose entgegen.

Es war so, wie er befürchtet hatte. Das war kein Goldspray, um Kekse zu vergolden, sondern sein Lack. Der war zwar für alles verwendbar, nur essen konnte man es hinterher leider nicht.

“Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht”, meinte er.

“Was? Willst du dich von mir scheiden lassen, weil dir die Plätzchen nicht schmecken? Ich weiß wirklich nicht, wie das passieren konnte.”

Sie meinte ihre Worte halb im Scherz, denn wegen ein paar missratener Kekse würde er sie nicht verlassen. Wie es dazu allerdings gekommen war, konnte sie nicht sagen.

“Diese Goldtaler kannst du als Deko benutzen – solange du willst. Nur essen solltest du sie nicht. Dein Goldspray war mein Lack, den ich mir gestern gekauft habe.”

“Was? Das war deine Dose?”, sagte Martina entsetzt und sah auf das Etikett. “Jetzt sah sie, dass sie nach der falschen Spraydose gegriffen hatte. Wurden damit Kekse vergoldet, konnte sie niemand mehr essen, weil sie für die Ewigkeit konserviert worden waren. Kein Wunder, dass die Farbe so schwer getrocknet war. Diesen Lack konnte man für vieles verwenden, nur bei Plätzchenteig stellte er sich etwas an.

(Hlen Hoffmann)